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Der Mythos und seine Bedeutung

Der Mythos ist eine bestimmte Form der Erzählung. Er soll den Sinn des menschlichen Lebens bzw. den Sinn der Welt als Ganzes erklären. Der Bezug auf einen letzten Sinn des Lebens ist ein wesentliches Kennzeichen des Mythos.

Kennzeichen von Mythen

Ein weiteres Kennzeichen ist seine Form. Eine mythische Erzählung bedient sich einer bildhaften, poetischen, symbolhaften Sprache.

Wir haben es also mit einer Verdichtung der Sprache zu tun. Denn ein Bild drückt immer mehr aus als ein Wort. Gleiches gilt für Symbole. Insofern ist ein Mythos sehr stark interpretations- und deutungsbedürftig.

Der Mythos: Anbetung der Sonne
Verehrung der Sonne im Alten Ägypten.

Ein mythisches Werk, als verdichtendes Werk, kann daher auf viele unterschiedliche Lebensbereiche und -erfahrungen angewendet werden. Er handelt vom Leben, Lieben und Sterben der Menschen und Götter.

  • Im Unterschied zum Mythos wollen wissenschaftliche Erklärungen, das Warum eines Ereignisses erklären.
  • Im Unterschied zum Mythos wollen religiöse oder moralische Werke aufzeigen, was der Mensch tun soll und was er zu unterlassen hat.
  • Der Mythos stellt sich die Frage nach dem Wozu, nach dem Sinn des Lebens und der Welt. Er ist damit ein ästhetisches Werk, ähnlich eines Kunstwerkes, einer Dichtung oder eines Musikstücks.

Er will den Menschen zum Nachdenken über sein Dasein und zum bewussten Deuten anregen. Denn im Mythos will sich der Mensch den Sinn seines Lebens eröffnen.

Er beschreibt eine ganz eigene bildhafte und symbolische Welt. Dadurch hilft er dem Menschen, sich in seiner Wirklichkeit zu orientieren. Folglich ist der Mythos selbst eine Deutungsweise der eigenen Wirklichkeit mit lebensorientierter Kraft.

Der Mythos und seine Funktionen

Eine mythische Erzählung hat zwei Funktionen:

  1. Der Umgang mit dem Außergewöhnlichen
  2. Der Umgang mit existenziellen (schwierigen) Situationen

Umgang mit dem Außergewöhnlichen

Der Mythos liefert keine verzerrte Widerspiegelung der Welt. Er liefert stattdessen ästhetische, subjektive Bilder von Dichtern, die bestimmte Erfahrungen auszudrücken versuchen. Dabei handelt es sich um Erfahrungen, die über Alltägliches hinaus gehen.

Der Mythos eröffnet neue Welten.
Außergewöhnliche Erfahrungen erweitern den eigenen Horizont.

Diese nicht-alltägliche Erfahrung wird oft als eine Begegnung mit dem Außergewöhnlichen interpretiert. Die Begegnung mit dem Außergewöhnlichen wird als etwas Göttliches gedeutet, eine Begegnung mit den Göttern.

Eine außergewöhnliche Erfahrung hat vier Merkmale:

  • Die ästhetische Erfahrung unterbricht das alltägliche Leben.
  • Die Erfahrung kann nicht willentlich erzeugt werden. Sie geschieht wie von selbst.
  • Sie weist über sich selbst hinaus auf eine tiefliegende Dimension, die sich in normaler Sprache nicht darstellen lässt.
  • Je nachdem, wie intensiv diese Erfahrung erlebt wird, hat sie manche Menschen dazu veranlasst, ihr Leben von Grund auf zu ändern. Denn sie erkannten plötzlich ihr eigenes Wozu.

Umgang mit existenziellen Situationen

Diese Funktion des Mythos kann durchaus mit der vorherigen Funktion, dem Umgang mit dem Außergewöhnlichen, zusammenhängen. Denn er soll helfen, das Zufällige, Fremde, Unvertraute und Beängstigende der Wirklichkeit in eine vertraute, sinnvolle und beruhigende Ordnung zu übersetzen.

Dabei kann es sich auch um existenziell schwierige Situationen handeln, z. B. mit dem Tod einer geliebten Person klarzukommen. Alle Situationen, wo Menschen leiden und sich selbst erfolgreich aus dem Leid befreien, können Thema eines Mythos sein.

Quellen

  • Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 496 bis 501 (Mythus).
  • Lauster, Jörg (2005), „Religion als Lebensdeutung“ Theologische Hermeneutik heute. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Deutschland, Darmstadt.

4 Gedanken zu „Der Mythos und seine Bedeutung“

  1. Ich hoffte, dass einige Gründe, warum Mythen für Menschen wichtig waren oder immer noch sind im obigen Artikel herauskommt, zum Beispiel auf Problemlösungen zu kommen (in existenziellen schwierigen Situationen). Es kann natürlich noch andere Gründe geben, z. B. eine Kultur besser verstehen zu wollen, welche Themen für sie wichtig waren. Ein schönes Beispiel ist die Wiederauferstehung von Osiris – die Idee, wie Menschen das Problem der Sterblichkeit zu lösen versuchen (denn der Gerechtfertigte im Totengericht wird zu Osiris, dem Wiederauferstandenen). Die Angst vor dem Tod kennt womöglich jeder Mensch oder er wird zumindest früher oder später damit konfrontiert. Die alten Ägypter zeigen uns über ihre Mythen, wie sie mit dem Problem des Todes schon zu Lebzeiten umgehen – ein gerechtfertigtes (Maat) Leben zu führen. So entsteht Sinn und die Möglichkeit ein sinnhaftes Leben zu führen. Interessanterweise haben die Christen die Idee der Wiederauferstehung übernommen. Jesus ist wiederauferstanden. Insofern kann (und sollte) auch die Bibel wie ein Mythos gelesen und damit in meinen Augen erst verstanden werden. Es gibt aber auch moderne Mythen, wie „Superman“ – Heldengeschichten. Dazu verweise ich aber auf den obigen Link: Mythos als Heldenreise, dessen Struktur sich auf Filme, Geschichten in Büchern, Romane … problemlos anwenden lässt. Damit kann man lernen, nicht nur die Welt, sondern auch sich selbst besser zu verstehen.

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  2. Josef, Maria und Jesus sind doch vor Herodes nach Ägypten geflohen – dort lernte er sicherlich das kultische Leben und die Magie der Ägypter – nach seiner Rückkehr tat er Wunder und Heilungen, die sicherlich auf Erfahrungen in Ägypten zurückgingen. Auch baute er den Auferstehungsglauben – der im jüdischen Glauben eigentlich nicht vorhanden ist – in seine Lehre ein.

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