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Ägyptisches Symbol – Lotos

Der Lotos (auch Lotosblume, Lotus, Lotusblume) war mit dem Skarabäus das wichtigste Symbol für Auferstehung und Regeneration. Der blaue Lotos war im Alten Ägypten eine heilige Pflanze. Sie muss herrlich geduftet haben.

Symbol der Hoffnung und Wiedergeburt

Der Lotos lebt im göttlichen Licht und in der chaotischen Finsternis. Denn in der Nacht schließt sich die Lotosblüte und taucht in das Wasser hinein und bei Tagesanbruch kommt sie wieder an die Wasseroberfläche und öffnet sich. Der Lotos gleicht damit – wie das Symbol des Skarabäus – der Sonne, die abends untergeht und morgens wieder aufgeht, um die Welt zu erleuchten.

Damit ist der Lotos ein Symbol der Wiedergeburt und Regeneration.

Lotosknospe
Die Lotosknospe öffnet sich, wenn die Sonne aufgeht.
Geöffnete Lotosblüte
Der Sonnengott wurde in einer Lotosblüte geboren.

Symbol der Schönheit und Anmut

Im Alten Ägypten gab es den weißen und den blauen Lotos. Beliebter war der blaue Lotos, da sein feiner, süßlicher Duft mehr geschätzt wurde. Allerdings gehörte der altägyptische Lotos nicht der botanischen Gattung Lotos an. Man vermutet, dass es sich um die himmelblaue Wasserlilie handelte. Beim weißen Lotos handelte es sich vielleicht um einen Tigerlotus.

Aufgrund ihrer Schönheit hat man die Lotosblüte in der altägyptischen Kunst sehr häufig dargestellt. Das betraf die Baukunst, z. B. grafische Bordüren, Lotosbündelsäulen, aber auch die Malerei und die Goldschmiedekunst. Es gab Objekte in Form eines Lotos, z. B. Kelche in Form einer Lotosblüte.

Verzierungen auf der Säule
Die Verzierungen der Säule wurden inspiriert durch den Lotos.

Symbol für den Beginn der Schöpfung

Später, im Neuen Reich, war das Kind, welches auf einer Lotosblüte sitzt, das Symbol einer göttlichen Geburt. Der junge Sonnengott wurde in einer Lotosblüte geboren, die aus dem Urozean Nun auftauchte. Im Alten Ägypten verknüpfte man den Sonnenaufgang mit der Geburt des Sonnengottes. Denn der Sonnenaufgang ist die permanente Wiederholung der Schöpfung und Wiederauferstehung.

Der Lotos wurde dem Sonnenkind Nefertem zugeordnet. Nefertem ist Weltgott, der aus dem Urwasser entsteht. Er ist der Duft des Lotos, der Wohlgeruch von Re. Auch das Horus- und Sonnenkind Harpokrates wird manchmal auf einem Lotos, allerdings stehend, abgebildet.

Gerne wurde der Lotos als Blumenschmuck für die Lebenden und für die Toten hergenommen. In den Tempeln gab es „heilige Sträuße“, die man dort weihte.

Lotosblüte weiß
Lotosblüte als Symbol der Wiedergeburt.

Der Lotos im ägyptischen Totenkult

Spruch 81 B aus dem Totenbuch der Ägypter:

„Spruch, Gestalt anzunehmen als Lotosblüte.

O du Lotosblüte dieses NEFERTEM-Bildes!
Ich bin ein Mensch und kenne (doch) diese Sprüche,
ich kenne den Spruch derer, die mit diesen Göttern, den
Herren des Totenreichs, sind.

Ich bin einer von euch.
Lasst mich doch die Götter schauen, welche die Unterwelt leiten,
gebt mir einen Platz im Totenreich
zur Seite der Herren des Westens!
Wenn ich meinen Platz im Jenseits eingenommen habe,
nehme ich jedes Fest(opfer) in Empfang, in Gegenwart der
Herren in Ewigkeit.

Mein Ba geht hinaus zu jedem Ort, wohin er will,
und wird nicht gehindert in Gegenwart der Großen Neunheit.“
1

Der Tote will nichts anderes, als in den Kreis der ewig lebenden Götter aufgenommen zu werden. Er will – wie das Sonnenkind Nefertem – wiedergeboren werden. Die Gestalt einer Lotosblüte anzunehmen, muss also im übertragenden Sinne verstanden werden.

Ornamente Lotosblüten
Illustration: Lotos-Ornamente.

Lotos oder Seerose?

Für ungeübte Augen besteht zwischen dem Lotos und der Seerose kaum ein Unterschied. Beide wachsen im Wasser. Doch während die Blüte der Seerose auf dem Wasser schwimmt bzw. auf sehr kurzen Stielen thront, wachsen geöffnete Lotosblüten an sehr langen Stielen und ragen weiter über das Wasser empor. Ihr Stempel ist meistens gut sichtbar und klar umrissen. Auch duftet ein Lotos sehr stark im Gegensatz zur Seerose.

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Quellen und Einzelnachweise

1 Hornung, Erik (eingeleitet, übersetzt und erläutert), „Das Totenbuch der Ägypter“, 2. Auflage 2000, Artemis & Winkler Verlag, ppb-Ausgabe 1998 Patmos Verlag GmbH & Co. KG. Spruch 81 B, Seite 168.

  • Helck, Wolfgang und Otto, Eberhard (1999), „Kleines Lexikon der Ägyptologie“, 4. Auflage, MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen, Seite 175 (Lotos).
  • Owusu, Heike (1998), „Symbole Ägyptens“, Schirner Verlag, Darmstadt, Seite 240 (Lotos).
  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 2019, 9. März) „Lotos (Altes Ägypten)“ (Stand: 24.12.21).