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Das Opfer im Alten Ägypten

Das Opfer im Alten Ägypten versorgt in erster Linie die Götter und Toten mit Nahrung. Im Tempelkult wird den Göttern dreimal am Tag ihre Speise gebracht. Damit bekommt das Opfer den Charakter eines Mahls. Denn auch die Menschen nehmen dreimal am Tag ihre Mahlzeiten ein.

Rituale des Opferns im Gottes- und Totenkult

Einige Handlungen, die mit dem Ritual bzw. Kult des Opferns zusammenhängen, wurden überliefert, aber nicht alle. Man unterscheidet die Opferung für Götter von den Opferungen für Tote (Totenliturgie). Doch beide Rituale des Opferdienstes sind von den kultischen Handlungen her gleich aufgebaut.

Morgens wird im Tempel mit dem Schmücken und Reinigen des Gottesbildes begonnen. (Handelt es sich um ein Totenopfer, wird der Tote gereinigt und belebt). Damit befähigt man die Gottheit zur Aufnahme des Opfers. Diese Handlung geht dem Opfern voraus, obwohl sie selbst noch kein Opfer ist. Das Opfern geschieht also immer eingebettet in anderen kultischen Handlungen, die täglich vorgenommen werden. Erst im Gesamtzusammenhang bekommt das Opfern seinen Sinn.

Kultische Handlungen in der Opferliturgie

Darstellung eines Altar mit Beschreibungen von Opfergaben.
Mittig ist ein Altar zu sehen mit Beschreibungen der Opfergaben.

Einige Abläufe rund um die Opferung sind mithilfe von Bildern festgehalten worden.

  • Niederlegen des Opfers: Das Opfer liegt auf dem Altar. Der König durfte das letzte Opferstück auf den Altar legen oder berührt es nur.
  • Erheben des Opfers: Der Opfernde nimmt das Opfer in beide Hände, hält es hoch und bietet es so dem Gott an.
  • Den Gott zu seinen Speisen führen: Man fordert den Gott auf, seinen Platz am Opfertisch einzunehmen. „Komm zu diesem deinem Brot, komm zu diesem deinem Braten.“ 1 Auch beim Totenopfer bittet man den Verklärten, sich bei den Speisen niederzulassen.
  • Räuchern und Besprengen: Man räuchert die Opfergaben besprengt sie mit Wasser. Das sind typische Gesten der Reinigung bzw. der Weihung.
  • „Schlagen“ mit dem Zepter, um zu weihen: Manchmal, besonders bei Weihegeschenken, „schlägt“ man das Opfer mit dem Zepter viermal. Dabei handelt es sich um eine Geste, wo man das Zepter viermal in Richtung des Opfers bewegt. Manchmal breitet auch der Opfernde seine Hände über das Opfer aus und rezitiert währenddessen einen Spruch.

Um welche Opfer handelt es sich?

Vegetarische Opfer gab es im Alten Ägypten am häufigsten, also Getreide, Obst und Gemüse. Das ist nicht verwunderlich, denn die Alten Ägypter ernährten sich primär vegetarisch. Beim Opfern von Fleisch handelte es sich normalerweise um Gänse oder einzelne Fleischstücke vom Rind, nämlich Kopf, Schenkel oder ein Rippenstück.

vegetarische Opfer, Granatäpfel
Granatäpfel waren vegetarische Opfer im Alten Ägypten.

Opfer von Tieren gab es sehr selten und nur bei großen Festen. Auch hier opferte man Gänse, Kleinvieh und Rinder.

Das Schlachten der Tiere

Man schlachtete Gänse und Kleinvieh unmittelbar vor dem Opfertisch. Größere Tiere, wie Rinder, schlachtete man in abgetrennten Höfen. Die Informationen über das Schlachten von Tieren stammen von Bildern und Texten, überwiegend aus dem Bereich des Totenkultes.

  • Man prüfte zuerst die Reinheit des Opfertieres. Das war die Aufgabe eines Priesters. Wurde es für gut befunden, erhielt es ein Siegel oder eine Bescheinigung. Ungesiegelte Tiere zu opfern, wurde mit einer Geldstrafe oder sogar mit der Todesstrafe geahndet.
  • Im Anschluss folgte die Weihung des Tieres. Es wurde geräuchert und eine Weinspende ausgegossen.
  • Die Tiere wurden geschminkt.
  • Dann fesselte man das Tier und warf es nieder. Es gezielter Schnitt in die Halsschlagader ließ das Tier ausbluten.
  • Anhand des Blutes stellte der Priester noch einmal die Reinheit des Opfers fest. Die Reinheit bestimmte er anhand des Geruchs.
  • Es folgte das Zerlegen des Tieres mit einem Messer aus Feuerstein. Der Vorderschenkel wurde zuerst herausgelöst, denn er galt als erlesenes Stück. In Verbindung mit dem Mundöffnungsritual schnitt man einem noch lebenden Kalb einen Vorderlauf aus. Das klingt ziemlich grausam. Doch beim Mundöffnungsritual wollte man ein Opferstück darbringen, das noch von Leben erfüllt ist.

Rechtfertigung für ein Tier-Opfer

Gänse als Tieropfer im Alten Ägypten.
Gänse waren beliebte Opfer im Alten Ägypten.

Wie begründete der Alte Ägypter das Töten von Tieren? Wie rechtfertigte er seine Opferungen? Da er Leben zerstörte, bedurfte es im Alten Ägypten einer Rechtfertigung.

Das Opfertier wurde als Verkörperung eines Gottesfeindes gedacht. Tötete man es, dann tötete man gleichzeitig einen Feind des Gottes. Das Opfertier war also Stellvertreter des Gottesfeindes. Damit rückte das Opfer im Alten Ägypten an die Stelle von Seth. Das bedeutete: Im Töten vollzog sich das Gericht über den Gottesfeind.

Seine Bedeutung als Nahrungsspende blieb erhalten, man stärkte es sogar. Denn die Kräfte des Opfertieres verleibt sich der Gott ein.

Insbesondere Schlachtopfer verknüpfte der Alte Ägypter immer bewusster mit der Feindsymbolik. Doch das gilt auch für die sehr frühe und nur kurze Zeit anhaltenden Menschenopfer.

Verwendung der Opfer im Alten Ägypten

Die Opfer, welche den Göttern dargebracht wurden, fanden in der Regel weitere Verwendung. Eine Ausnahme sind nur jene Brandopfer, wo die Opfergaben, auch Fleisch, nicht nur gebraten, sondern vollständig vernichtet wurden.

Wenn Opfer im Alten Ägypten gestiftet wurden, legte man fest, wo sie hinkommen, wenn der Gott sich an ihnen befriedigt hat. Das konnten mehrere Stationen sein, auch Privatleute. Man ließ die Opfer nicht verkommen. In erster Linie lebten jedoch die Priester von den Opfergaben. In späterer griechisch-römischer Zeit mussten die Tempel sogar Opferabgaben entrichten.

Handelte es sich um große Feste, so konnten die Festteilnehmer von den Opfern gespeist werden. Allerdings handelte es sich dabei um keine kultische, sondern um eine eher weltliche Handlung. Denn man aß zwar von den Opfern, doch nicht mit dem Gott gemeinsam.

Auch Privatleute durften Opfer darbringen. Das war zum Beispiel der Fall, wenn sie sich über eine göttliche Hilfe bedanken wollten. Über die Anlässe informieren Urkunden in der griechisch-römischen Zeit.

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Quellen und Einzelnachweise

1 Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 548.

  • Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 547 bis 556 (Opfer, Opferformel, Opferliturgie).
  • Helck, Wolfgang und Otto, Eberhard (1999), „Kleines Lexikon der Ägyptologie“, 4. Auflage, MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen, Seite 210 (Opfer).