Im flackernden Licht der Öllampen, vor den Hallen der Tempel am Nil, erheben sich die riesigen Statuen der Götter wie stille Wächter zwischen Himmel und Erde. Für die damaligen Menschen waren ägyptische Statuen der Götter keine bloßen Kunstwerke, sondern lebendige Verkörperungen des Göttlichen. In ihnen wohnten und wirkten die Mächte, die das Weltgeschehen lenkten, den Lauf der Sonne bestimmten und über Leben und Tod wachten. Neben den göttlichen Statuen gab es im Alten Ägypten aber noch eine Vielzahl anderer Statuen. Jede davon hatte ganz bestimmte Funktionen und Aufgaben. Unabhängig davon, um welche Formen von Statuen es sich handelt – alle wurden durch ein wichtiges altägyptisches Ritual belebt.
Göttliche Statuen im Alten Ägypten
Wenn die Priester ägyptische Statuen und Bildnisse im Allerheiligsten reinigten, mit kostbaren Gewändern schmückten, sie mit Speisen versorgten und mit Hymnen ehrten, galt dies nicht als symbolisches Ritual, sondern als reale Begegnung mit einer göttlichen Präsenz. Durch reinigende Handlungen wurde die Statue von bösen Mächten befreit. Erst Dann konnten die lebendigen Kräfte des Gottes in die Statue oder das Kultbild hineinfließen – sie wurde zum Sitz eines ägyptischen Gottes.
Doch auch außerhalb der Tempel wurden die göttlichen Statuen zum Vermittler des spirituellen Lebens – Orte, an denen das Unaussprechliche und Unendliche erfahrbar wurde.

Ägyptische Statuen der Pharaonen
Die Statuen von Pharaonen waren im Alten Ägypten nicht bloß Darstellungen von Herrschern, sondern sichtbare Symbole ihrer göttlichen Macht und Legitimation. Sie stellten den Pharao als „Gottkönig“ dar, der zwischen Menschen und Göttern vermittelte und die kosmische Ordnung (Maat) aufrechterhielt. Auch sollten sie ihm helfen seine Macht über den Tod hinaus aufrechtzuerhalten, damit seine Seele weiterleben konnte. Das galt auch für Statuen, die ihn verkörperten und mit ins Grab gegeben wurden.
Tempelstatuen von Privatpersonen
In der späten Phase des Alten Reichs (ca. 2200-2700 v. Chr.) konnten vom König begünstigte Privatpersonen, Statuen in den Tempeln aufstellen lassen. Solch eine Statue sicherten dem Spender eine Teilnahme am örtlichen Kult. Sie hatte gleichzeitig die Funktion einer Erinnerung und nahm Einfluss auf seine Unsterblichkeit. Denn das Gedächtnis des Dargestellten wird dadurch auch nach seinem biologischen Tod lebendig gehalten.
Kleine ägyptische Statuen und Amulette
Kleine ägyptische Statuen, wie Dienerfiguren und Uschebtis wurden den Toten mit in das Grab gegeben. Dienerfiguren verkörperten nicht den Toten oder seine Familienangehörigen, sondern seine Bedürfnisse, die auch nach seinem Tod erfüllt werden sollen. Man gab ihnen auch Uschebti – Verkörperungen des Toten – mit in das Grab. Übersetzt bedeutet der Begriff „die Antwortenden“. Wenn der Tote also zur Arbeit gerufen wurde, nahmen sie seine Stelle ein und führten sie in seinem Namen durch. Gerne rüstete man sie daher mit Hacken aus. Später bezeichnete man sie als Diener des Herren. Daher vermischten sie sich in ihrer Bedeutung mit den Dienerfiguren.
Amulette hatten per Definition im Alten Ägypten eine Schutzfunktion inne. Der Alte Ägypter verstand darunter nicht nur die Anhänger von Ketten, sondern auch andere kleine Symbole (z. B. Skarabäen) und Figuren (z. B. Toeris), die er bei sich tragen konnte und ihn vor Unheil schützten.

Ägyptische Statuen: Ritual der Belebung
Das Ritual der Belebung, das sogenannte Mundöffnungsritual entstand tatsächlich in der Bildnis- und Bildhauerkunst. Der Künstler wird zum „Beleber“, da er die Formen für Statuen und Bildnisse schafft, doch das reicht nicht aus. Erst durch eine magische Handlung, dem Mundöffnungsritual durch einen Priester – meistens stellvertretend für Anubis – wird eine leblose Form lebendig. Durch das Mundöffnungsritual werden ihre Sinne geweckt.
Das Mundöffnungsritual wurde ebenso bei den Toten bzw. den Mumien vollzogen, um ihnen Leben einzuhauchen. Doch auch bei anderen magischen Figuren, Uschebtis, Dienerfiguren, Skarabäen, Zauberbilder oder Amulette wurde die Mundöffnung vollzogen. Man könnte allgemein sagen: Überall, wo Kräfte wirken sollen, wurde im Alten Ägypten eine Belebung nötig.
Bei der Gestaltung und Belebung nahm man keine Rücksicht auf den Betrachter. Jede Statue war etwas Lebendiges, auch, wenn sie nie angeschaut wurde. Sie lebte unabhängig von ihrer Form und Umgebung, wo sie aufgestellt wurde.
Quellen
Helck, Wolfgang und Otto, Eberhard (1999), „Kleines Lexikon der Ägyptologie“, 4. Auflage, MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen, Seite 68 (Dienerfiguren), Seite 252 (Rundplastik), Seite 293 (Statue), Seite 322 (Uschebti).
- Beitragsbild: ägyptische Statue aus Holz, Horus, Adobe Stock.
- Ramses II, Adobe Stock.
- Kleine Figuren in der Vitrine, Pixabay.
