Das alte Ägypten

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Die Kunst im Alten Ägypten

Die Kunst im Alten Ägypten schufen die Menschen aus einem existenziellen und religiösen Bedürfnis heraus. Altägyptische Kunstwerke standen überwiegend im Dienst des ägyptischen Jenseitsglaubens, um ein Weiterleben nach dem Tode sicherzustellen. Dabei nahmen die Alten Ägypter viele Anstrengungen auf sich, um Kunstwerke für die Ewigkeit zu schaffen, die uns heute immer wieder aufs Neue erstaunen und begeistern.

Wohnen im Alten Ägypten

Thron für Tutanchamon
Kunstvoll verzierte Möbel wurden für die Wohnung im Jenseits gebaut, damit es dem Toten an nichts fehlt. Hier handelt es sich um einen Thron für Tutanchamon.

Es gab sehr gute Baumeister und Handwerker im Alten Ägypten. Auch verzierte, bemalte und schmückte der Alte Ägypter die Wände der Bauwerke und seine Umgebung. Doch es handelte sich um die Wohnstätte der Götter und um (s)eine eigene zukünftige Wohnstätte, wenn er als Toter die Prüfung im Totengericht besteht und ewig – bei den Göttern – weiterleben darf. Dafür schien ihm kein Aufwand und keine Kosten zu hoch. Seiner Behausung zu Lebzeiten widmete er hingegen kaum Beachtung. Entsprechend nannte er sie „Absteigen“, was auch heute immer noch eine eher abschätzige Bezeichnung für einen Ort ist, der einen schlichten, vielleicht sogar ungepflegten Eindruck vermittelt und nur über das Nötigste verfügt.

Das ist heute anders, denn die Menschen gestalten ihren Wohnraum zu Lebzeiten. Die eigene Wohnung ist sehr wichtig, um sich zurückziehen und loslassen zu können, um seinen Interessen konzentriert nachzugehen und sich in geselliger Runde mit Familie, Freunden und Bekannten zu treffen. Wohnen ist in unserer Gesellschaft ein wichtiger Wert.

Wohnen hat darüber hinaus viel mit Gestalten und Selbstausdruck zu tun. Wir wollen uns ausdrücken und individuelle Vorlieben umsetzen. Daher spielt die Einrichtung und Dekoration eine wesentliche Rolle. Sie muss nicht nur funktional sein, sondern auch zu uns passen. Gestalten bedeutet Kreativität und Kreativität zeigt sich im schöpferischen Handeln.

Tempel- und Grabanlagen

Tempel Philae
Der Tempel von Philae. Der Tempel ist die Wohnung der Götter.

Die ewigen Wohnstätten für die Götter und Pharaonen (später auch für Privatleute) waren Tempel- und Grabanlagen. Sie wurden großzügig angelegt und geschmückt. Die Wände beschrifteten und verzierten die Alten Ägypter mit Hieroglyphen und Bildern. Riesige Pharaonen- und Götterstatuen wurden aus Stein gemeißelt und innerhalb der Tempel- und Grabanlagen aufgestellt. Mit den Tempeln wollten die Alten Ägypter heilige und ewige Häuser für ihre Götter bauen. Deshalb verwendeten sie Stein oder schlugen die Tempel in Felsen.

Die Gräber hingegen waren Wohnstätte der verstorbenen Pharaonen und Privatleute, worunter auch höhere Beamte zählen. Man nannte sie Häuser der Ewigkeit. Die Vorstellungen, wo sich der Tote nach seinem Tod aufhält, wandelten sich im Laufe der langen ägyptischen Geschichte, z. B. dass der Tote nicht an sein Grab gebunden sein sollte. Er wollte zu den Göttern in den Himmel und bei ihnen sein. Das war wohl auch ein Leitgedanke für die Form der Pyramiden, die meistens Gräber der Pharaonen (= Könige) waren.

Die Spitze der Pyramide berührt den Himmel, hat also eine direkte Verbindung zu den Göttern und den wahrscheinlich damit zusammenhängenden Gedanken einer Transformation des Toten. So wurde das Grab zum gelegentlichen Aufenthaltsort des Toten. Doch es war weiterhin existenziell wichtig, denn dort befand sich die Mumie des Toten, ohne die es für ihn kein Weiterleben gab.

Wandmalereien im Alten Ägypten

altägytische Wandmalerei
Pferde kamen erst spät ins Alte Ägypten. Man ritt nicht auf ihnen, sondern spannte sie vor den Wagen.

Zur Kunst im Alten Ägypten gehören auch Wandmalereien, die das tägliche Leben im Alten Ägypten zeigen, doch das waren im Verhältnis wenige, vergleicht man sie mit der Menge der Malereien, die in Tempeln und Gräbern (u. a. in Pyramiden) über den Totenkult informieren, heilige Texte enthalten und das Leben nach dem Tod darstellen. Zum Beispiel werden Szenen aus dem Mundöffnungsritual gezeigt und schriftlich festgehalten. Auch, wie man durch die Unterwelt (Duat) kommt, wird genau beschrieben und mithilfe von Wandmalereien sichtbar gemacht. Denn dort lauern gefährliche Dämonen, die den Toten daran hindern wollen, bis zum Totengericht vorzudringen. Sie fungieren vorwiegend als Wächter der Unterwelt. Daher musste man ihre Namen kennen, um weiterreisen zu dürfen.

Die Decken- und Wandmalereien waren also weit mehr als „bloße Verzierung“. Der altägyptische Künstler visualisierte diese Landkarten und Informationen und legte viel Wert auf eine ästhetische Darstellung. Er schuf für den verstorbenen Pharao das Abbild einer ganzen Welt, der Welt im Jenseits, wozu auch die Unterwelt gehört und später sogar ein Abbild des Kosmos.

Kunst im Alten Ägypten – Reliefs und Statuen

Falkengott Horus
Horus dargestellt als Falkenstatue mit der Krone Oberägyptens. Im Hintergrund ein Relief mit Horus als Falkengott (rechts im Schatten) und dem Pharao mit der Krone Unterägyptens (links).

Auch Reliefs und Statuen wurden nicht zu dem Zweck erschaffen, das menschliche Auge zu erfreuen oder Kunstliebhaber zu begeistern. Die meisten Reliefs und Statuen fand man in Gräbern und Tempeln. Sie wurden also für die Gebäude der Götter und der Toten hergestellt und erfüllen eine rituelle Funktion. Statuen waren Kultobjekte. Es gab noch gar nicht die Idee, Kunstwerke, um der Kunst willen zu kreieren. Alles, was die Alten Ägypter für die Ewigkeit schufen, war religiös motiviert.

Es gab in der altägyptischen Hochkultur noch keine Trennung zwischen Religion, Kultur, Kunst und Gesellschaft. Wertevorstellungen der Religion durchdrangen jeden Aspekt des Lebens und das Leben nach dem Tod.

Kunst im Alten Ägypten – Grabbeigaben

Das Leben im Jenseits sollte so angenehm wie möglich sein. Da der Tote auch im Jenseits auf Nahrung und Kleidung angewiesen war, legten die Alten Ägypter viel Wert auf eine gute Ausstattung ihrer Gräber. Es gab zum Beispiel kunstvoll gestaltete kleine Figuren, die den Toten selbst symbolisieren und an dessen Stelle Arbeiten ausführten. Man nennt sie Uschebtis. So musst der Tote nicht selber Hand anlegen, denn wer will schon ewig arbeiten? Es gab kunstvoll gearbeitete Amulette, die dem Toten als Schutz dienten. Sie lagen in kunstvoll gearbeiteten Schatullen. Der Tote sollte über Möbel verfügen und sogar sein Hobby ausüben können. Oben auf einem Foto sieht man zum Beispiel einen Pferdewagen als Grabbeigabe, damit der Tote im Jenseits weiterhin seinem Hobby nachgehen konnte. Das sind nur einige wenige Beispiele von kunstvoll hergestellten Grabbeigaben.

Der ägyptische Stil

Der ägyptische Kunststil ist unverkennbar, obwohl er im engeren Sinn der altägyptischen Pharaonenzeit einen Zeitraum von über 3000 Jahren umfasst. Das betrifft den Zeitraum von etwa 3000 vor Christus bis 395 nach Christus.

Der ägyptische Stil unterscheidet sich klar von anderen Stilrichtungen, selbst, wenn wir ihn mit anderen Kunststilen der klassischen Antike und des vorderen Orients vergleichen. Selbst für Laien hat die Kunst im Alten Ägypten einen großen Wiedererkennungswert. Das liegt zum einen an ihrer monumentalen Bauweise, z. B. der Pyramiden und Tempel, der riesigen Statuen und der hohen Obelisken, die in vielen Ländern einen Platz gefunden haben.

Ägyptisches Wandbild
Typische ägyptische Darstellung von Menschen.

Zum anderen fehlt den ägyptischen Malereien und Reliefs die räumliche Perspektive. Wir blicken auf eine zweidimensionale Bühne, wo sich alles im Vordergrund abspielt. Auch die Götter, Menschen, Tiere, Pflanzen und Dinge wurden meistens seitlich im Profil zweidimensional dargestellt. Nur die Schultern der dargestellten Personen sind uns frontal zugewandt. Vielleicht strebte man eine räumliche Darstellung gar nicht an, aus Gründen der Tradition. Eine räumliche Darstellungskomponente findet sich nur in den altägyptischen Reliefs, durch Hervorhebung des Dargestellten.

Sehr typisch sind auch die Aufteilungen der Wandreliefs und Wandmalereien in verschiedenen Flächen (Register), die mittels Trennlinien voneinander abgegrenzt werden. So erhält man eine Bildfolge, mit welchen im Alten Ägypten Abläufe und Geschichten erzählt und der Nachwelt überliefert wurden (zum Beispiel: Bild 1: die Tages-Sonnenbarke fährt über den Himmel. Bild 2: Als die Sonne untergeht, findet ein Wechsel statt und die Besatzung zieht auf die Nachtbarke um. Bild 3: Die Nachtbarke zieht über den Nachthimmel und wird von der Schlange Apophis angegriffen). Das erinnert an die Darstellungsweise in Comics. Die Alten Ägypter waren also diejenigen, die den Comicstrip zuerst erfunden haben ;-).

Die Kunst im Alten Ägypten scheint sich einem traditionellen Regelkanon unterzuordnen. Über 3000 Jahre Geschichte haben daran nur wenig geändert. Das gilt vor allem für bildliche Darstellungen und Reliefs.

Kunst im Alten Ägypten – Hieroglyphenschrift

Hieroglyphentafel
In der linken unteren Ecke, wo die Hieroglyphen in Spalten angeordnet wurden, liest man die Schrift von oben nach unten, ansonsten von links nach rechts bzw. von rechts nach links, je nach Blickrichtung der dargestellten Figuren.

Blicken Figuren oder Tiere in der Hieroglyphenschrift nach links, so beginnt man auch links zu lesen; in diesem Fall von links nach rechts. Blicken sie nach rechts, dann liest man von rechts nach links. Man liest also immer mit Blickkontakt zum Dargestellten. So hatte die Alten Ägypter mehrere Möglichkeiten, die Leserichtung zu bestimmen (von rechts nach links, von links nach rechts oder von oben nach unten). Das verschaffte ihnen mehr Gestaltungsspielräume, denn sie konnten die ägyptische Schrift auch nach ästhetischen Gesichtspunkten gestalten und in ein größeres Gesamtwerk integrieren. Sie handelten ganz nach dem Motto: Das, was gut aussah, war richtig.

Bekannte Künstler im Alten Ägypten

Wenn wir uns heute die Kunst im Alten Ägypten ansehen – Bilder, Reliefs, Schriften, Schmuckgegenstände, Statuen und Bauten – sprechen wir von einer altägyptischen oder antiken Kunst. Das ist aber unsere heutige Sicht auf die altägyptischen Werke.

Als Künstler verstanden sich die Erbauer, Schreiber und Maler im Alten Ägypten nicht. Sie verstanden sich eher als Schreiber und Handwerker. Sollte z. B. ein Relief hergestellt werden, dann wurde das Motiv zuerst von einem Vorzeichner vorgezeichnet. Dann meißelte der Steinmetz das Motiv in die Wand. Zum Schluss trug der Maler auf bestimmten Bereichen die Farbe auf.

Schreiber
Der Schneidersitz war die typische Position eines Schreibers. Auch kunstvolles Schreiben war im Alten Ägypten Handwerk.

Aus diesen Gründen überlieferten die Alten Ägypter keine Namen von berühmten Künstlern in der Form, wie wir es heute kennen. Dennoch gab es wenige Ausnahmen, Menschen, die Außergewöhnliches leisteten und deren Namen man überlieferte. Einer davon ist Imhotep, der tatsächlich gelebt hatte und später wie ein Gott verehrt wurde. Er war Bauherr und Architekt, Ratgeber des Königs und Hohepriester, Schreiber und Arzt.

Für das Geschenk der Sprache und Schrift wurde ganz besonders ein Gott verehrt, der gleichzeitig als Gott des Wissens fungiert: Thot. Sein Schreibzeug war das „Gerät des Thot.“ Er erfindet die Sprache und Rede, was auch für fremde Sprachen gilt.

Im Alten Ägypten konnten nur die wenigsten Menschen schreiben. Das Schreiben gehörte zu den Aufgaben der Priester. Doch es gab im Alten Ägypten auch den überaus angesehenen Beruf des Schreibers, der meistens an die Kinder weitervererbt wurde. Ein Schreiber musste nicht nur schreiben, sondern auch rechnen und zählen können.

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Quellen