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Namen im Alten Ägypten

Die Bedeutung der Namen wurde im Alten Ägypten sehr hoch eingeschätzt. Denn alles, was ist, trägt einen Namen. Der Name, mit dem jemand im Alten Ägypten bezeichnet und gerufen wird, verrät uns etwas über den Wesenskern des Namensträgers.

Der Name ist schöpferischer Akt im Alten Ägypten

Lotus bei Sonnenaufgang
Nicht nur im Alten Ägypten, sondern auch in heiligen Büchern entsteht die Schöpfung und Wirklichkeit durch Worte; alles bekommt seinen Namen.

Die Bedeutung der Namen war im Alten Ägypten wichtiger als die Bedeutung der ägyptischen Bilder. Veränderungen der Wirklichkeit spiegelten sich meistens in der veränderten Namensgebung wider, aber nicht notwendig im Umgestalten eines Bildes.

Der Name erzeugt eine Wirklichkeit, die er in sich trägt. Deshalb ist er im Aussprechen (und Erfinden) ein schöpferischer Akt. Die Namen gehören zum Wesen der Dinge und haben daher große Bedeutung, während die ägyptischen Bilder nur Gleichnisse darstellen. Daher konnte auch das Aussprechen eines Namens Gutes oder Schlechtes bewirken.

Im Alten Ägypten ruft Ptah, der Schöpfergott, die Dinge in das Sein, wenn das Wort „vom Herzen gedacht ist und durch die Zunge hervorkommt.“1 Das erinnert sehr stark an die Magie der Sprache, als einen performativen bzw. interventionistischen Sprechakt, welcher eine Realität nur durch das gesprochene Wort erschafft bzw. verändert. Ein Beispiel: „Öffne deine Augen und sieh mich an“ (zu einem Blinden, der daraufhin wieder sehen kann).

Das ist die Sprache der Schöpfergötter und die Sprache der Rituale. Die Wirkung im Aussprechen des Namens kann so groß sein, dass sie keine Absicht des Sprechenden benötigt. Es reicht, wenn der Name gesprochen wird, ohne den bewussten Willen des Gottes, damit etwas entsteht, zum Beispiel die Sonne oder der Mond. Das macht die Namen im Alten Ägypten noch mächtiger.

Name als Wesenskern der Namensträger

Horus, der Ferne
Horus (Ḥr) – hier als Falke dargestellt – bedeutet „der Ferne / der oberhalb ist“.

Ein Name kann sich aus einem Verb ableiten und etwas, was den Kern des Namensträgers ausmacht, ausdrücken. Ein Beispiel dafür ist auch die Etymologie. Sie findet die Herkunft eines Wortes heraus und damit seine ursprüngliche Bedeutung. Man ist sich sicher, dass der Name im Alten Ägypten meist aus einem Wort abgeleitet wurde, dessen Bedeutung auf den Namensträger besonders (vom Wesen her) zutraf.

Durch einen Namen lässt sich auch eine Eigenschaft ausdrücken, zum Beispiel: „Er bringt die Länder zur Ruhe (sk) in seinem Namen Sokaris (Skr).2

In diese Richtung tendiert auch die Bedeutung eines magischen Namens. Ein magischer Name wird deshalb gewählt, weil er etwas Wesentliches ausdrückt, oft an dem anknüpfend, was ein Mensch künftig verwirklichen will.

Träger von mehreren Namen

Bedeutung ägyptischer Namen
Der Name „Martin“ bedeutet „der Krieger“. Er wurde abgeleitet vom lat. Wort „Mārs, Mārtis“, dem römischen Kriegsgott Mars.

Wenn das Wesen des Namensträgers sehr umfassend ist, dann muss auch der Name sehr umfassend sein. Da dazu ein Name alleine nicht ausreicht, wählt man für Gottheiten gerne weitere, manchmal sogar recht viele Namen. Zum Beispiel soll Osiris 100 Namen (Beinamen) haben.

Manchmal wählt man auch einen Namen, der für eine bestimmte Eigenschaft steht, und nimmt diese Eigenschaft im Namen auf: „Nut schirmt dich in (gemäß) ihrem Namen: große Schirmerin.“3

Es gibt auch Situationen, die für die Eigenschaft, welche im Namen gründen, nicht wünschenswert sind. Dann versucht man zu verhindern, dass sich die Eigenschaft manifestiert: „Sei nicht fern von NN in deinem Namen Ferne.“4

Namen als Talisman im Alten Ägypten

Vermutlich wurde der Name erst nach der Geburt vergeben. Viele Namen enthalten eine Verbindung zu einer Gottheit. Die Bedeutung der ägyptischen Namen ging also nicht in Richtung guter Vorzeichen oder Wünsche, sondern der Name trug das Wesen des Gottes in sich. Dadurch wurde der Name zu einer Art Talisman, den man dem Kind auf seinem Lebensweg mitgab.

Der Name übte also einen Einfluss auf den Menschen aus. Er gestaltete das Leben und Wesen des Menschen. Dadurch wurde der Name dem Ka sehr ähnlich. In der Spätzeit wurden beide Begriffe fast synonym gebraucht.

Bedeutung der Namen im Totenkult

Kartusche
Die Namen der Pharaonen wurde in Kartuschen (Namensringe) geschrieben, d. h. in ovale Rahmen gesetzt. Sie können wie hier waagrecht dargestellt werden oder auch senkrecht. Ganz links sieht man das Ende der Kartusche, gekennzeichnet durch eine gerade Linie, die durch ein umwickeltes Seil mit der ovalen Kartusche verbunden ist. Man liest den Namen hier also von rechts nach links, was auch die Blickrichtung der Hieroglyphen anzeigen.

Der Name darf nach dem Tod nicht aus dem Leib des Toten gehen. Man darf den Namen des Verstorbenen auch nicht vergessen. Es gibt Sprüche und das Amulett des Namensrings (-> Kartusche), welche dagegen vorgehen sollen. Der Name soll andauern. Die Dauer des Namens soll im Mittelpunkt des Jenseitslebens stehen.

Doch alleine der Besitz des Namens reicht nicht aus. Man muss den Namen auch kennen und aussprechen, damit er im Gedächtnis bleibt und der Tote weiterleben kann. Mit dem Namen soll gutes Handeln verknüpft werden. Denn nur wer gut handelt, „dessen Name ist von Dauer gesegnet“.

Um im Gedächtnis der Nachwelt zu bleiben, setzten Privatleute ihren Namen an Orte, wo der Gott ist, zum Beispiel auf den Denksteinen im Tempel. Das hatte einen weiteren Vorteil, denn sie gewannen dadurch Anteil an den Opfergaben, die man dem Gott darbrachte.

Namen als Waffe im Alten Ägypten

Namen aufschreiben
Der aufgeschriebene Name stellt eine Verbindung zu seinem Träger her und macht ihn anfälliger für Schadenszauber.

Wir haben gesehen, dass das Gute im Namen auf seinen Träger zurückwirkt. Das Gleiche geschieht jedoch auch mit bösen Absichten. In Beschwörungen und Schadenszauber spielen die Namen eine sehr große Rolle. Damit Namen zu Schadenszauber werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Man verbindet den Namen mit Fluchformeln.
  • Man verrät den Namen den feindlichen Mächten.
  • Der Name wird vernichtet und getilgt, wo man ihn (geschrieben) vorfindet.
  • Der Name wird ignoriert und verschwiegen.
  • Er wird umgeschrieben und positive Aussagen werden ins Negative verkehrt (Re hasst ihn).
  • Der Segen des Namens wird zum Fluch.

Um einen Fluch zu verstärken, kann man den Namen aufschreiben. Dadurch wird der Name zu einem materiellen Ding, dem man Schaden und Qualen zufügen kann. Man kann auf den aufgeschriebenen Namen spucken, drauftreten, auf ihn einstechen, ihn verbrennen, zerschneiden, zerreißen. Im schlimmsten Fall zerstörte man damit diejenige Person, die den Namen trug. Das galt auch für jene Personen, die schon im Jenseits lebten. Umso wichtiger war es, die Namen zu schützen.

Schutz der Namen im Alten Ägypten

Den Namen eines Menschen in den Schmutz zu ziehen, ist eine sehr ernstzunehmende Angelegenheit und kein Kavaliersdelikt. Das kann auch in heutiger Zeit zu einer Strafanzeige mit empfindlichen Konsequenzen führen.

Um die Namen vor Deformierung zu schützen, hatte man sie im Alten Ägypten geheimgehalten bzw. nicht ausgesprochen. Das betraf aber nur die Namen der Götter, dessen vollständiges Wesen mit ihrem Namen uns „von Natur aus“ verborgen bleiben muss.

Denn alleine das Wissen um einen Namen konnte schon eine Drohung sein. Wer die (geheimen) Namen kannte, hatte die Möglichkeit, dämonische Mächte in seinen Bann zu zwingen. Man hielt aber nur jene Namen geheim, die das Wahre, das Wesenhafte eines Gottes bezeichneten. Der allgemein bekannte Name war also nicht der wahre oder auch große Name.

Es gibt nur einen Mythos über einen großen Namen, wo es Isis gelingt, den geheimen Namen von Re durch eine List herauszufinden: Der Mythos von der listigen Isis. Sie initiierte dadurch die Machtübergabe von Re auf ihren Sohn Horus.

Eine andere Möglichkeit, einen Namen zu schützen, waren Hieroglyphen-Kartuschen. Man verwendete sie fast ausschließlich für Herrscher, also für weibliche und männliche Pharaonen. Dabei handelt es sich um ovale Rahmen, die um einen Namen herum gezogen wurden. Die Namen wurden dadurch nicht nur hervorgehoben, sondern auch geschützt. Das Endstück des Rahmens markierte ein begradigtes Schur-Ende, welches der Alte Ägypter durch Schlaufen an der Kartusche befestigte. Diese Schlaufen hatten die Bedeutung eines magischen Knotens, den man nicht einfach lösen konnte.

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Quellen und Einzelnachweise

1 Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 501.
2 Ebd.
3 Ebd. Seite 502
4 Ebd.

  • Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 501 bis 504 (Name).
  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 2022, 08. Januar), „Magischer Name“ (Stand: 27.01.22).